Kirchen • St. Marien

Das "Tafelsilber" von St. Marien

Natürlich gibt es keine "Domschatzkammer St. Marien", die man besichtigen könnte. Aber es gibt einmalige Kostbarkeiten. Aus aktuellem Anlaß - später mehr dazu - sei hingewiesen auf einen Kelch aus den 30-er Jahren, der im Jahre 1933 in der Kulturbeilage einer Waltroper Zeitung vorgestellt wurde als typisches Beispiel eines Kunstwerks der 20-er und der 30-er Jahre. Diesen Kelch hat der Kirchen vorstand St. Marien jetzt - 2007- neu aufarbeiten / vergolden lassen, damit er auf Dauer der Gemeinde als würdiges "Zelebrationsgerät" zur Verfügung steht.

Es gibt - ehrlicherweise muss man sagen - es gab zwei Ziborien / Speisekelche, die zu St. Marien gehörten, die aber nach dem Konzil nur noch bedingt den liturgischen Anforderungen entsprachen. Der Kirchenvorstand hat sie umarbeiten lassen von dem Künstler / Goldschmied Bernd Cassau aus Paderborn. Ihm wurde die Aufgabe gestellt, die Ziborien so zu - heutigen liturgischen Anforderungen entsprechenden - Speisekelchen umzugestalten, dass sie stilistisch zu unserem Kelch aus den 30-er Jahren passen. Dieser Aufgabe ist er sehr wohl gerecht geworden.

Die Monstranz

Die Monstranz (Zeigegerät)
Die Monstranz (Zeigegerät)

Aus der von Pfarrrektor Fritz Dickmann handschriftlich verfassten Chronik:

"Am Tag der Kirchweihe soll die Marienkirche fix und fertig dastehen, sie soll nicht eine "Notkirche" sein. Er (Vikar Maikemper) denkt beizeiten an die Innenausstattung, an ... - alles zum Stil der Kirche passend - ... Monstranz und Speisekelch [beide aus den Werkstätten von Bach - Wild in Münster] ..."

Die Monstranz, "zum Stil der Kirche passend", ist sicher ein typisches Ergebnis der Kunst der dreißiger Jahre. Wie die Architektur der Kirche ist ihre Gestaltung nicht angelehnt an Kunstformen des 19. Jahrhunderts, die wesentlich orientiert waren an den Kunstformen der Romanik und der Gotik, sondern will Ausdruck des Lebens und Empfindens der Menschen der zwanziger und dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts sein, will in eindeutiger Sachlichkeit die Funktion eines sakralen Gegenstandes darstellen, die Monstranz soll zeigen, worum es geht:

Die Monstranz sagt nicht so sehr, wie strahlend (Strahlenkranz) das Geheimnis der Eucharistie ist, sondern vielmehr, dass das Geheimnis der Eucharistie zutiefst verknüpft ist mit dem Geheimnis des Kreuzes. Der Fleischgewordene bietet sich dem Menschen durch das Geschehen am Kreuz als Nahrung an; der durch den Kreuzestod gebrochene Leib des Herrn ist das Brot, das der Welt Leben schenkt. Konsequenterweise hat die Monstranz nicht die Form des Strahlenkranzes, sondern die schlichte Gestalt des Kreuzes. Diese Gestalt sagt: der Christus, der sich im Zeichen des Brotes zeigt (Monstranz = Zeigegerät), ist derselbe, der solidarisch geworden ist mit den Menschen, wo immer sie dem Kreuz begegnen: in Krankheit und in den Beschwernissen des Alters, in Enttäuschung und Resignation, in Gefahr und in Angst, in Trauer und in Sorge, in Einsamkeit und im Gefühl der Gottverlassenheit, in Not und in der Erfahrung des Todes.

Die Monstranz zeigt, wem - unter anderen - diese Frohbotschaft zu verdanken ist: den Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Ihre Bilder kennzeichnen den Stamm des Kreuzes der Monstranz.

Endlich lädt die Monstranz zur Anbetung ein:

BENEDICTUS, QUI VENIT IN NOMINE DOMINI (Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn)! Das jubelt der Schriftzug, der den Querbalken des Kreuzes der Monstranz kennzeichnet.

Die Frohbotschaft der Monstranz, dass sich im Kreuz der lebendige Christus zeigt, der Christus, der in der Erfahrung menschlichen Kreuzes Nahrung und Leben ist, diese Botschaft - Botschaft der Heiligen Schrift - ist sicher eine Frohbotschaft, die nicht nur in den dreißiger Jahren, sondern auch heute gültig ist.

Diese Frohbotschaft wird üblicherweise am Herz-Jesu-Freitag und natürlich bei der Prozession des Fronleichnamsfestes "gezeigt" (Monstranz = Zeigegerät).

So gilt die Einladung, die Monstranz anzuschauen und damit die Frohbotschaft zu schauen: IN CRUCE SALUS - Im Kreuz ist Heil. So sagt es ein zu St. Marien gehörendes Corporale, das "Tischtuch", auf dem die eucharistischen Gaben, der Leib des Herrn, Corpus Domini - deshalb Corporale - gelegt werden..

Zu ergänzen ist noch, dass die aus Silber getriebene Darstellung der Evangelisten und der Schriftzug an der vergoldeten Monstranz ursprünglich nicht vergoldet waren, was der Monstranz ihren eigenen Reiz verlieh. Der Goldschmied P., dem die Monstranz Anfang der neunziger Jahre zur Aufarbeitung anvertraut wurde, hat ärgerlicherweise diesen Reiz ignoriert und die gesamte Monstranz vergoldet. Die Vergoldung von den Evangelistendarstellungen und vom Schriftzug wieder abzubürsten, ist zwar durchaus möglich, aber recht aufwändig (teuer), wenn man Wert darauf legt, dass auch die Hammerstruktur auf den Buchstaben erhalten bleiben soll. Diese Information gab jedenfalls damals der Goldschmied, mit dem wegen der Verfälschung des Kunstwerkes Monstranz mächtig gestritten wurde, aber... Vielleicht findet sich ja irgendwann ein Sponsor, mit dessen Hilfe diese Verfälschung korrigiert werden kann.

Taufschale - Ciborium

Der Festrede von Theo Buxel zum 50-jährigen Jubiläum unserer Kirche ist zu entnehmen, dass man im Jahre 1936 ein neues Ciborium, einen neuen Speisekelch, benötigte. Für die Finanzierung hat man sich einen interessanten Weg einfallen lassen: Man hat die Gemeinde gebeten um Silberlöffel, -kettchen, -kreuzchen und -münzen, die man einschmelzen wollte, um damit ein Ciborium, einen Speisekelch, herstellen zu können. Bei dieser Aktion ist so viel Silber gesammelt worden, dass man nicht nur ein neues Ciborium erstellen konnte - vielleicht eines der Ciborien, die gerade umgearbeitet wurden, dass es stilistisch passt zu dem Kelch aus den 30er Jahren, von dem oben die Rede war -, sondern auch noch eine Taufschale und -schöpfkelle und kleine Gefäße für das Katechumenenöl und das Chrisam samt Tablett. Die wunderschöne, aber völlig unpraktische (zu flache) Taufschale befindet sich heute an der Rückwand der Kirche, umgeben von den oben beschriebenen Medaillons von Paul Reding. Das Ciborium findet sich - kürzlich, wie oben beschrieben, umgestaltet, ganz genau wissen wir es nicht - wieder in den wunderschönen Zelebrationsgeräten, die von Bernd Cassau aufgearbeitet / überarbeitet / umgestaltet wurden. Die kleinen Gefäße für die hl. Öle finden Verwendung zum Beispiel bei der Feier der Krankensalbung, wenn sie nicht in der Kirche gespendet wird.

Der Tabernakel

Der Tabernakel
Der Tabernakel

Zum "Tafelsilber" gehört auch der Tabernakel, - auch wenn er nicht aus Silber gefertigt wurde -, zumal er sehr individuell gestaltet ist: auf den Türen findet sich der Text einer Strofe des Eucharistie-Hymnus von Thomas von Aquin (+1274):

ECCE PANIS ANGELORUM
FACTUS CIBUS VIATORUM
VERE PANIS FILIORUM
NON MITTENDUS CANIBUS

- Seht, das Brot, der Engel Gabe, wird den Pilgern hier zur Labe, wahrhaft ist´s der Kinder Habe, nicht den Hunden werft es hin.