Kirchen • St. Marien
Kostbarkeiten in St. Marien
"Der Große Gott von Waltrop"
Beim Blättern in Kunstkatalogen kann man durchaus auf Kreuzesdarstellungen stoßen, deren Bezeichnung das Element beinhaltet "Der Große Gott von ...". Die übergroße Darstellung des Gekreuzigten in St. Marien hat eine Aussagekraft, die einlädt, betrachtet zu werden. "Der Große Gott von Waltrop" sagt etwas aus über den Sieg des Kreuzes, den Sieg Jesu Christi über den Tod.
Als nach dem 1. Weltkrieg politische und gesellschaftliche Systeme zerbrachen, als Menschen sich bei aller Unsicherheit, in hier und da brutaler Verunsicherung umsahen nach einer Instanz, die verlässlich bleibt, auch nachdem Teile Europas durch den Weltkrieg und seine Folgen zu einem Trümmerhaufen geworden waren, da erinnerten sich Christen an den Gott, der seine Treue durchhält durch alle menschliche Sünde hindurch, durch jede Katastrophe hindurch und den Menschen die Frohbotschaft von seiner verlässlichen, bleibenden Gegenwart zusagt. Da begriffen die Menschen neu, dass Christus bei aller Schändung durch sein Leiden und Sterben vor etwa 2000 Jahren und auch bei aller Gottvergessenheit und Unmenschlichkeit des heutigen Menschen der große Gott, der König der Ewigkeit bleibt.
Im Jahre 1925 wurde durch Papst Pius XI das Christkönigsfest eingeführt, und Anfang der dreißiger Jahre konnte "Der Große Gott von Waltrop", von Hans Dinnendahl aus Lindenholz geschnitzt, in St. Marien seinen Platz finden als verlässliches Zeichen seiner Treue zu den Menschen.
Kreuzweg und Apostelleuchter
Sie sind aus Bronze, gestaltet von dem Kölner Künstler Egino Weinert. Hingewiesen sei auf eine Besonderheit: Es gibt wirklich sehr wenige Kirchen, deren Apostelleuchter gestaltet sind mit den Bildern der zwölf Apostel. St. Marien gehört zu diesen wenigen Kirchen.
Ein Blick in die Frömmigkeitsgeschichte der Kirche zeigt, dass der meditierte Kreuzweg zu unterschiedlichen Zeiten verschieden viele "Stationen" bevorzugte. In St. Marien hat man sich entschlossen, von der - in den letzten zumindest hundert Jahren klassischen - Vierzehnzahl der Stationen abzusehen.
Begründung für die Siebenzahl der Kreuzwegstationen in St. Marien:
- Es ist wichtig, von einer Station zur anderen gehen zu können, um so zumindest andeutungsweise dem Herrn auf seinem Weg meditativ folgen zu können. So blieb "kein Platz" für eine Vielzahl von Kreuzwegstationen.
- Es drängt sich geradezu auf, das Fenster in der ehemaligen Taufnische mit dem auferstandenen Christus - gestaltet von Walter Klocke - Ziel des Kreuzwegs sein zu lassen.
- Es bot sich unübersehbar an, den Zusammenhang zu sehen zwischen der Station der Grablegung des Herrn und der Botschaft, wie sie uns im Römerbrief des hl. Paulus begegnet. Dort heißt es: "Wir alle, die wir auf Christus getauft wurden, sind auf seinen Tod getauft worden. Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben. Wenn wir nämlich ihm gleichgeworden sind in seinem Tod, dann werden wir mit ihm auch in seiner Auferstehung vereinigt sein."(vgl. Röm 6). So ist es gut, dass der Kreuzweg in St. Marien endet mit dem Bild des Auferstandenen und in erkennbarer Nähe zum Taufbrunnen, dem Ort des durch die Taufe Begrabenwerdens.
Der apokalyptische Christus
Es musste als echtes Defizit erfahren werden, dass in St. Marien lange Zeit kein eschatologisches Bild zu finden war, kein Bild vom verherrlichten, wiederkommenden Christus, von dem Christus, wie er im Advent ausdrücklich gefeiert wird. Seit 2001 gibt es an der Orgelbrüstung eine Darstellung von Paul Reding, wie sie in der Offenbarung des Johannes beschrieben wird: Christus inmitten der sieben Leuchter, die die Gesamtkirche Jesu Christi (zur Zeit der Entstehung der Bibel) darstellen, mit einem Gesicht, das strahlend leuchtet wie die Sonne, mit einem zweischneidigen Schwert, das aus seinem Mund kommt als Hinweis darauf, dass ER Gut und Böse zu unterscheiden weiß und dass ER in Gerechtigkeit richtet die Lebenden und die Toten und damit verheißt, alles neu zu machen, alles zu vollenden, was heute noch sterblich und brüchig und unvollkommen und mit so vielen menschlichen Macken - auch in der Kirche - behaftet ist.
Die "Brotschalen" (zur Austeilung der hl. Kommunion)
Anfang des neuen Jahrtausends wurden sehr angemessene Angebote aus einem Prospekt für Kirchenbedarf angenommen. Leider hat es nicht nur außergewöhnlich lange gedauert, bis endlich die Brotschalen zugestellt wurden, sondern es zeigte sich auch, dass die Vergoldung mangelhaft war. Die Reklamation wurde zwar respektiert, aber leider waren auch die korrigierten Schalen nicht völlig fehlerfrei. Ein energischer Brief mit dem Hinweis, dass unter solchen Umständen ja nicht der volle Preis angemessen sei, hat dazu geführt, dass keine neue Rechnung geschrieben wurde, was zwar nicht wirklich angemessen ist, aber wohl ohne schlechtes Gewissen angenommen werden kann. St. Marien kann sich Sonntag für Sonntag an den genannten Brotschalen freuen.
Das Weihrauchfaß
Wenn es auch nicht sehr häufig zum Einsatz kommt, ist das Weihrauchfaß ein wichtiges Utensil für den Gottesdienst auch in St. Marien. Es ist aus Kupfer gestaltet, sehr schlicht, dem Stil der Kirche entsprechend. Es ist ein Utensil, das sichtbar macht, was mit dem Gebet der Gläubigen geschieht: Es steigt auf vor die Gegenwart des lebendigen Gottes.
In Taizé, in der Kirche der ökumenischen Brüdergemeinschaft, kann man erleben, dass vor dem Gottesdienst jemand durch den Raum schreitet mit einem Weihrauchfaß und damit dem Kirchenraum mit dem Duft des Weihrauchs eine eindeutige Prägung verleiht: Jeder erfährt über den Geruchsinn, worum es beim Gottesdienst gehen soll: um etwas nicht Alltägliches, um die Begegnung mit dem lebendigen Gott.
Bei den St. Marien-Beerdigungen spielt Weihrauch eine wichtige Rolle, damit deutlich wird, dass ein Verstorbener / eine Verstorbene nicht etwa "entsorgt" wird, sondern mit dem Zeichen des Weihrauchs geehrt und so menschlich, feierlich, christlich bestattet wird, nicht zuletzt, weil sein / ihr Leib "Tempel Gottes" war.
Damit auch (nicht nur) Kinder sich beteiligen können an dem Verbrennen von Weihrauch, lädt sie zu verschiedenen Gelegenheiten eine Art Stövchen in einer von Bernd Cassau gestalteten bronzenen Weihrauchschale ein, einige Weihrauchkörner auf die glühende Kohle zu legen. Diese Schale steht auf einem von der KAB St. Marien gebauten Ständer, der - wie die Ständer für die Skulpturen "Barmherziger Vater" und "Engel" im "Baptisterium" - gestaltet ist u. a. aus einem Stück Original-Förderseil und so die Verbundenheit der Gemeinde mit dem Bergbau symbolisiert. Es ist immer wieder erstaunlich und erfreulich, beobachten zu können, mit welchem Ernst, mit welcher Andacht Kinder Weihrauchkorn für Weihrauchkorn einzeln auf die glühende Kohle fallen lassen. Was sie so tun, ist bester, intensivster Gottesdienst im engeren Sinn des Wortes.