Kirchen • St. Marien

Wie kam es zum Neubau d(ies)er Marienkirche?

Wer von der Pfarrei St. Marien spricht, muss wissen, dass St. Marien, 1951 "zur Pfarrei erhoben", seit dem Beginn des Kirchenjahres 2008 / 2009 nicht mehr eigenständige Pfarrei ist, sondern "Bezirk St. Marien" in der fusionierten Kirchengemeinde St. Peter Waltrop.

Aus der Festansprache des Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates, Theo Buxel, beim Jubiläum 1983 zur 50. Wiederkehr des Tages der Kirchweihe, veröffentlicht im Pfarrbrief St. Marien Waltrop zu Weihnachten 1983:

Wie kam es zum Neubau d(ies)er Marienkirche?

Am 2. März 1903 begann der Preußische Staat mit dem Abteufen der Zeche Waltrop - im Osten der Gemeinde Waltrop - in Brockenscheidt.

In der Chronik der 1979 stillgelegten Zeche heißt es über Waltrop:

Zeche Waltrop
Zeche Waltrop

"Waltrop liegt im südöstlichen Zipfel des Landkreises Recklinghausen. Um die Jahrhundertwende zählte der Ort knapp 4000 Einwohner. Dominierender Wirtschaftszweig war die Landwirtschaft, denn viele Waltroper bestritten ihren Lebensunterhalt durch Ackerbau und Viehzucht. Industriebetriebe fehlten völlig. Die traditionellen Handwerksberufe waren allerdings in Waltrop vertreten. In diesen Betrieben konnten aber nur wenige Bürger Arbeit und Brot finden. Die Folge war, dass sich viele Waltroper mit ihren Familien zur Auswanderung entschlossen. Kennzeichnend für die Zeit um die Jahrhundertwende waren im Sog der industriellen Entwicklung wissenschaftlicher Fortschritt, Erfindungsreichtum und sozialer Wandel. Die ländliche Gemeinde Waltrop wurde von diesem Sog erfasst, sollte nun Bergbaustadt werden. Für die Bewohner hieß das Hoffnung auf Arbeit und Brot." (Aus der Chronik der Zeche Waltrop) ...

Theo Buxel fährt fort:
Gleichzeitig mit dem Neubau der Zeche wurden im Bereich der Velsen- und Taeglichsbeckstraße die ersten Wohnhäuser für die neuhinzugezogenen Bergleute der Zeche Waltrop gebaut.

Fronleichnamsprozession 1954
Fronleichnamsprozession 1954

Nach dem 1. Weltkrieg wurde diese Siedlung im Osten der Gemeinde Waltrop erweitert und ist noch heute unter dem Namen "alte Kolonie" bekannt. Mit der Fertigstellung dieses Siedlungsteils entstanden die ersten Geschäftshäuser an der Dortmunderstraße. Nach der Inflation begann die Zeche mit dem Neubau der sogenannten "neuen Kolonie" links der Dortmunderstraße. Da der größte Teil der sogenannten "Koloniebewohner" katholisch war, tauchte die Frage nach der religiösen Betreuung dieser Bewohner im östlichen Teil der Gemeinde auf. Einsichtige Frauen und Männer der Bevölkerung im östlichen Siedlungsbereich gründeten im August 1924, im Einverständnis mit der Pfarrgeistlichkeit von St. Peter, den "Kirchbauverein" für Brockenscheidt, Elmenhorst und Oberlippe.

Man begann sofort, für die neue Kirche zu sammeln. Ein großer Basar, ausgerichtet von allen Waltroper Standesvereinen, erbrachte im Jahre 1925 die stolze Summe von 3.000,– RM, die ganz dem Kirchbaufond zufloss.

Im Jahre 1927 schickte dann der Bischof von Münster, Dr. Johannes Poggenburg, dem sehr viel an dem Neubau der Kirche lag, den Vikar Heinrich Maikämper mit dem besonderen Auftrag nach Waltrop, den Neubau der Kirche vorzubereiten und auszuführen.

Im damaligen Kirchenvorstand von St. Peter gab es eine starke Partei, die sich gegen den Kirchenneubau und seine Notwendigkeit aussprach. Man sprach vom Neubau eines "Hungerturms" im Osten der Gemeinde Waltrop ...

Vikar Maikämper war ein Mann der Tat. Er räumte die Schwierigkeiten aus, besorgte ein Grundstück und zog auf die "Dörfer". Dort sammelte er Gelder für den Neubau der Kirche. Der unermüdliche Priester besuchte 75 Gemeinden des Münsterlandes, predigte über die Notwendigkeit eines Kirchenneubaus in einer Bergarbeitersiedlung und sammelte 65.000,–RM für den Neubau unserer Kirche.

Durch weitere Ausschüsse kamen ca. 100.000,–RM zusammen. Ohne die Mutterpfarrei weiter zu belasten, wurde dann am 23. Oktober 1932 der Grundstein gelegt. Bei der Grundsteinlegung erhielt die neue Kirche den Namen "Maria - Königin des Friedens".

Grundstein im Portal der Kirche
Grundstein im Portal der Kirche

Die Kirche wurde nach den Plänen des Architekten Joseph Franke, Gelsenkirchen, gebaut. Die Bauausführung lag in den Händen des Waltroper Bauunternehmers Gerhard Neitemeier. Sämtliche anderen Nebenarbeiten wurden von Waltroper Firmen ausgeführt. Am 8. August 1933 war es dann soweit. Es war Kirchweih in Waltrop! Weihbischof Dr. Johannes Scheifers konsekrierte die Kirche unter großer Anteilnahme der Bevölkerung. Vikar Maikämper brachte das erste Meßopfer dar. Nach all seinen Mühen und Sorgen, sicher ein freudiges Ereignis. Vikar Maikämper betreute unsere Gemeinde bis zu seiner Ernennung als Pfarrer von Laer, im November 1933.
So weit Theo Buxel.

Text der Grundsteinlegungsurkunde, wie er in der von Fritz Dickmann, dem 1. Pfarrrektor von St. Marien, handgeschriebenen Chronik zu finden ist:

"Im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit: des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Im Jahre des Heils 1932, im 12. Jahr des Pontifikates Sr. Heiligkeit, des Papstes Pius XI, als Dr. Johannes Poggenburg Bischof von Münster war, Franz Frommelt Pfarrer der Pfarrei Waltrop - St. Peter und Dechant des Dekanates Datteln, Heinrich Maikämper Vikar, Theodor Clairmont und Wilhelm Bündgens Kapläne, Dr. Paul Scheuten Leiter der Rektoratsschule und Franz Kleimann Kaplan im Laurentiushospital daselbst, als Paul von Hindenburg Reichspräsident war, Johannes Granowski Oberpräsident der Provinz Westfalen, Dr. Binder Landrat des Kreises Recklinghausen war, Alfred Brockhausen Bürgermeister des Amtes Waltrop, Johann Speckbrock Vorsteher der Gemeinde, Oberbergrat Max Spinn Direktor der Zeche Waltrop, Joseph König Rektor der Kolonieschule und August Frerichmann Lehrer der Schule Elmenhorst war, wurde von dem Hochwürdigen Domkapitular Heinrich Gieben in Münster am 23. Oktober, dem 23. Sonntag nach Pfingsten, der Grundstein zu dieser Marienkirche (sub titulo Regina pacis (unter dem Titel der Königin des Friedens) gelegt. Die Planung und Bauleitung liegt in den Händen des Architekten Joseph Franke in Gelsenkirchen, die Ausführung besorgt der hiesige Bauunternehmer Gerhard Neitemeyer. Die feierliche Grundsteinlegung findet statt in Gegenwart der Pfarrgeistlichkeit, des Kirchenvorstands, einer großen Zahl von Gläubigen aus der ganzen Pfarrei und der Vertreter des Amtes und der örtlichen Industrie.

Grundsteinlegung
Grundsteinlegung

Die Kirche wird gebaut in einer Zeit großer Geldknappheit und Arbeitslosigkeit infolge großen wirtschaftlichen Tiefstandes. Die Beschaffung der Bausumme, wozu in den Jahren 1924 bis 1928 ein Kirchbauverein den Grund legte, war erst nach Überwindung vieler Schwierigkeiten und vor allem nur dadurch möglich, dass 75 Pfarrer (davon 2 aus der Erzdiözese Paderborn) dem Vikar Maikämper die Kanzel ihrer Kirche für Kollektenpredigten überließen. Da die Kolonie der Zeche Waltrop mit den angrenzenden Gebäuden einen neuen Seelsorgebezirk bilden soll, ist die Kirche dringend notwendig.

Auf dass der Bau rüstig voranschreite zur Freude der Gläubigen und dass er bald ohne Unfall der Vollendung entgegengehe, wolle der Dreieinige Gott auf die Fürbitte der allerseligsten Jungfrau Maria, der Königin des Friedens, die Arbeit der Bauleute segnen. Wir flehen zu Gott, dass die neue Kirche viele zu Gott und zum katholischen Glauben zurückführe, welche in schwerer Kriegs- und Nachkriegszeit Schiffbruch am Glauben und christlicher Sitte gelitten haben.

Dieses Gotteshaus werde eine Stätte der Verherrlichung Gottes, ein Heiligtum der Regina pacis, den Bedrängten eine Quelle des Trostes und des Friedens und allen eine Pforte zum Himmel.

Vere non est hic aliud, nisi domus dei et porta caeli (Hier ist in Wahrheit nichts anderes als das Haus Gottes und die Pforte zum Himmel)."